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Heute morgen gönnte ich mir ein Croissant bei meinem Lieblingsbäcker. Ich genieße diese Zeit, den Duft des noch warmen Croissants, den Geschmack von etwas Frankreich und dabei Leute zu beobachten. Es sind die ersten Herbsttage und gefühlt, rennen die Menschen noch schneller. Ein Mann kam rein, Mitte vierzig, im Anzug, bestellte einen Café to Go, schaute währenddessen auf sein Smartphone, kein Blick auf die Verkäuferin, schnell bezahlt, ein „gehuschtes“, leises Danke, ein Telefonat angenommen und aus dem Laden. Wie geht es dem Mann wohl? Ich weiß es nicht, habe da aber so eine Vermutung.

In unserem Leben auf der Überholspur, immer erreichbar, ständiger Wandel, Forderung nach maximaler Flexibilität und der damit verbundenen Überforderung spüren viele tief im inneren eine Sehnsucht nach: Pause.

Mit dem Versprechen Burnout vorzubeugen, erfahren Berghütten mit garantiertem No-Handy Empfang, Yoga Retreats, Wanderungen durch entlegenste Ecken der Welt oder auch Aufenthalte in Abgeschiedenheit von Klöstern einen Boom. Und was passiert, nach ein paar Tagen Stille… es „juckt uns in den Füßen“, wir tun uns schwer, diese Pause auszuhalten. Es ist wie ein Entzug.

Es hat etwas Raffiniertes, dieser Griff nach dem Handy. Bei jedem Abrufen der Mails, der neugierige Blick zu Facebook, oder auf das Icon – hat uns jemand eine Whats´s App Nachricht geschickt, wird das Bedürfnis nach etwas Neuem befriedigt. Unser Körper schüttet Dopamin aus – ein Glückshormon. Und dann wollen wir immer mehr davon. Es ist wie eine Sucht – ein Kreislauf.

Der ständige Blick auf´s Handy oder das permanente checken von Mails sind aber auch Hauptenergieräuber. Die Gefahr ist groß, dass wir verlernen, ganz bei einer Sache zu sein. Das führt dazu, dass wir uns getrieben fühlen.

Aber was können wir tun? Ein erster Schritt ist sich selbst aufmerksam zu beobachten. Was spüre ich körperlich, welche Gefühle kommen in mir hoch, wenn ich auf Facebook bin oder ohne mein Handy den Eindruck habe, etwas zu versäumen? Was will ich mit diesem Immer-Online-Leben kompensieren? Welche psychologischen Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz oder Beziehung will ich befriedigen?

Diese Achtsamkeit für unser Verhalten bringt uns in Verbindung mit unserer tieferen Motivation und mit unseren Ängsten. Dieser Blick in uns braucht Mut. Besonders dann, wenn daraus die Konsequenz nach Änderungen im Verhalten resultieren. Was sagt unser Chef, wenn ich einem Meeting das Handy ausschalte? Oder es erst im Büro einschalte? Was sagen die Freunde, wenn ich nicht mehr täglich auf Instagram poste? Oder am Wochenende keine E-Mails mehr beantworte? Einen Nebeneffekt hat es für uns in jedem Fall; es erhöht unser Selbstwirksamkeit. Wir entschieden wieder selbst, wann wir on- oder offline gehen.

Und es braucht Geduld, alte Gewohnheiten zu ändern. Es geht nicht von heute auf morgen. Denn alles, was über Jahre als eine feste Gewohnheit etabliert haben, geben wir nicht gerne auf. Gewohnheiten geben auch eine Sicherheit. Es ist das Paradoxe, dass wir Ruhe, Kraft und Zeit brauchen um Ruhe, Kraft und Zeit zu gewinnen.

Ich brauche daher wirklich Motivation, etwas zu verändern. Der intrinsische Wille muss da sein. Ich brauche darüber hinaus das Erleben, dass mich das Essen zu zweit ohne Handy glücklicher, der Spaziergang in der Natur mich zufriedener macht, als meine ständige Präsenz in und mit den Medien. Das ein kurzes Gespräch mit der Cappuccino-Verkäuferin, eine wertschätzender Blickkontakt uns mehr Beziehung erleben lässt, als die Annahme eines Telefongespräches während ich den Café to Go in der Hand halte. Ich kann in 5 Minuten zurückrufen und fühle mich weniger getrieben.

Für mich sind es diese kleinen, kurzen Momente, die viel Kraft haben. Und mein Croissant mit Genuss gibt mir mehr Energie und Aufmerksamkeit für den Tag. Das ist für mich Savouring und Genuss. Und dafür muss ich nicht ans andere Ende der Welt fahren.

 

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Angela Barzen
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